jurisPR-BGHZivilR 16/2011 Anm. 1

Haftung für fehlerhafte Verlegung von Installationsleitungen - Prüfungs- und Hinweispflichten des Installateurs
Anmerkung zu BGH 7. Zivilsenat, Urteil vom 30.06.2011 - VII ZR 109/10
Prof. Dr. Ekkehart Reinelt, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Leitsatz
Ein Installateur, der den Auftrag hat, eine Hausleitung an eine Grundleitung mit Rückstausicherung anzuschließen, muss prüfen, ob die von ihm ausgewählte Grundleitung eine solche Sicherung hat.

A. Problemstellung
Wie weit gehen die Prüfungspflichten eines Installateurs, der an von einem anderen Unternehmer hergestellte Grundleitungen entsprechende Hausleitungen anzuschließen hat? Kann er ohne weiteres an die vom Vorunternehmer nicht fertiggestellten Leitungen anschließen, oder muss er dabei die Funktionsfähigkeit der Hausanschlüsse zusammen mit den vorgefundenen Grundleitungen (Rückstauklappe) sicherstellen?

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Kläger, Wohnungseigentümer im Rahmen einer WEG-Anlage, macht Schadensersatz wegen Wassereinbruchs in seinen Souterrainwohnungen gegen zwei Beklagte geltend, nämlich den die Grundleitungen verlegenden Tiefbauunternehmer und den später die Hausleitungen anschließenden Installateur.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte ein Tiefbauunternehmen mit der Neuorganisation der Entwässerungsanlage für das Wohngebäude beauftragt, das aus insgesamt acht Wohneinheiten besteht. Gegenstand des Auftrags war die Trennung der Abwasserleitungen. Für die beiden Souterrainwohnungen, die dem Kläger gehören, sollte eine Ableitung mit Rückstauklappe erfolgen. Für die Wohnungen darüber war eine Leitung ohne eine solche Klappe vorgesehen.

Das Tiefbauunternehmen verlegte zwar Entwässerungsleitungen vom öffentlichen Kanal bis an die Rückseite des Hauses. Dabei war aber nur eine mit einem Rückstauventil ausgestattet. Nachdem ein Anschluss der Grundleitungen zum Haus hin noch nicht erfolgen konnte, versah der Tiefbauunternehmer die Grundleitungen mit zwei Abzweigungen und verschloss diese mit Anschlussstopfen. Die Hausleitung der einen Souterrainwohnung hätte an dem gegenüberliegenden Abzweig der Grundleitung mit Rückstausicherung angeschlossen werden sollen, während der Anschluss der Hausleitung der anderen Souterrainwohnung „über Kreuz“ an diese Grundleitung vorzunehmen war. Eine Kennzeichnung der Grundleitungen (mit und ohne Rückstauklappe) nahm der Tiefbauunternehmer nicht vor.

Da dieser die Arbeit nicht fertigstellen konnte, beauftragte die Wohnungseigentümergemeinschaft später den beklagten Installateur, im Gebäude die erforderlichen Installations- und Anschlussarbeiten durchzuführen und die Verbindung der Grundleitungen mit den Hausanschlüssen vorzunehmen. Der Installateur nahm den erforderlichen Anschluss nicht „über Kreuz“ vor, sondern schloss – ohne die vorgefundenen nicht fertiggestellten Leitungen zu untersuchen – die Leitung für die Wohnung des Klägers an den gegenüberliegenden Abzweig der Grundleitung ohne Rückstausicherung an. In der Folgezeit kam es deshalb in dieser Wohnung zu Wassereinbrüchen, von denen im weiteren Verlauf auch die andere Souterrainwohnung des Klägers betroffen war.

Den dadurch entstandenen Schaden macht der Kläger gegen Tiefbauunternehmer und Installateur geltend.

Das Landgericht hat durch Grund- und Feststellungsurteil sowohl den Tiefbauunternehmer als auch den beklagten Installateur als Gesamtschuldner zum Schadensersatz verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten weist das Berufungsgericht die Klage gegen beide Beklagten ab.

Die Begründung des Berufungsgerichts: Der Tiefbauer sei nicht verpflichtet, die (über Kreuz liegenden) Leitungen zu kennzeichnen, weil er davon habe ausgehen können, die Arbeiten später selber fertigzustellen. Deshalb hafte er nicht.

Der Installateur habe weder vertragliche Pflichten verletzt noch sei ihm eine rechtswidrige Eigentumsverletzung vorzuwerfen. Zwar könne ein Werkunternehmer verpflichtet sein, die Arbeiten des Vorunternehmers zu überprüfen. Hier habe der Beklagte aber auf Grund der Erklärungen der auftraggebenden Wohnungseigentümergemeinschaft bei Auftragserteilung davon ausgehen können, die Grundleitungen seien „vorgerichtet“. Der Zustand der Leitungen habe ihm unverdächtig in dem Sinn erscheinen dürfen, dass die jeweilige Grundleitung an den ihr gegenüberliegenden Hausanschluss anzuschließen sei. Der Installateur habe keinen Anlass gehabt, die vom Tiefbauunternehmer verlegten Grundleitungen weiter freizulegen oder nachzufragen. Bei einem Kleinauftrag dieser Art bestehe keine Verpflichtung, besondere Überprüfungen der Grundleitungen vorzunehmen. Auch habe der Installateur besorgen müssen, dass die Eigentümergemeinschaft u.U. nicht bereit gewesen sein könnte, solchen zusätzlichen, nicht in Auftrag gegebenen Aufwand zu bezahlen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des klagenden Wohnungseigentümers in Richtung auf den Tiefbauunternehmer weist der BGH mit der üblichen, nach § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO zulässigen Pauschalbegründung ab (vgl. zu diesem Verfahren Reinelt, „Justizverdrossenheit und Mediation“, ZAP Kolumne 2009, 323). Ob der Senat zum Ergebnis gekommen ist, dass keine Zulassungsgründe i.S.d. § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen oder/und dem Tiefbauunternehmer die unterlassene Kennzeichnung der Leitungen nicht vorgeworfen werden kann, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen.

Dagegen lässt der BGH die Revision des Klägers gegen den Installateur zu. Insoweit teilt der VII. Zivilsenat die Meinung des Berufungsgerichts nicht. Nach seiner Auffassung haftet der Installateur dem Berechtigten gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB für den geltend gemachten Schaden.

Der Installateur sei beauftragt worden, die Hausanschlüsse fachgerecht an die Grundleitungen anzuschließen. Es sei deshalb seine Aufgabe, einen Anschluss zu errichten, der die Abflüsse der Souterrainwohnungen mit dem Entwässerungsrohr verbindet, das ein Rückstauventil hat. Er habe demnach nicht alleine die Verbindung gegenüberliegender Rohre unbesehen vornehmen können, sondern als Werkerfolg einen funktionierenden Anschluss an die Grundleitungen mit Rückstauklappe geschuldet. Das gelte selbst dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft ihn unzutreffend zu den vom Tiefbauunternehmer verlegten Abzweigungen informiert hätte. Denn der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich nicht nur nach der Leistung und Ausführungsart, sondern danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll (BGH, Urt. v. 08.11.2007 - VII ZR 183/05 - BGHZ 174, 110 Rn. 15).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der beklagte Installateur – so der BGH – den Mangel der Werkleistung auch zu vertreten. Jeder Werkunternehmer, der seine Arbeit in engem Zusammenhang mit den Vorarbeiten eines anderen oder auf Grund von dessen Planung auszuführen hat, hat eine entsprechende Prüfungspflicht. Er muss sich erkundigen, ob die Vorarbeiten eine geeignete Grundlage für das Werk bieten. Der Umstand, dass der Folgeschaden zusammenhängt mit einer fehlerhaft montierten Rücklaufleitung, entlastet den Installateur nicht. Denn er habe von sich aus die Verpflichtung gehabt, den Anschluss an das Entwässerungsrohr mit Rückstauventil vorzunehmen. Anders als das Berufungsgericht meint, oblag ihm daher zwingend die Verpflichtung zur Überprüfung, welche der vom Tiefbauunternehmer erstellten Abzweige zu der Grundleitung mit der Rückstausicherung führten. Nur so hätte er seine vertragliche Verpflichtung, die Hausleitung der Souterrainwohnungen an die Grundleitung mit Rückstausicherung anzuschließen, verlässlich erfüllen können. Die Erfüllung dieser Verpflichtung setzt aber eine entsprechende Prüfung voraus. Eine solche verlässliche Prüfung wäre ohne Weiteres und ohne großen technischen Aufwand durch eine Spülung möglich gewesen.

Es entlastet den Installateur auch nicht, wenn er in Folge der unklaren Situation Leistungen hätte erbringen müssen, die in seinem Auftrag nicht erfasst waren. Der Installateur hätte für den Fall erforderlicher zusätzlicher vergütungspflichtiger Leistungen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf diesen Umstand hinweisen müssen. Hätte sich diese geweigert, die entsprechenden Leistungen zu beauftragen und trotz eines Hinweises auf die Gefahr einer fehlerhaften Verbindung der Hausanschlüsse mit den Grundleitungen darauf bestanden, dass die jeweiligen Anschlüsse ohne die vom Beklagten als erforderlich angesehene Überprüfung vorzunehmen seien, wäre er von der Haftung des fehlerhaften Anschlusses nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB befreit gewesen. So liege es hier aber nicht. Geeignete Hinweise hat der Installateur nicht erteilt.

Da der Senat nicht selber entscheiden konnte, hat er das Berufungsurteil aufgehoben und zurückverwiesen.

C. Kontext der Entscheidung
Der BGH bestätigt mit dieser Entscheidung zutreffend seine strenge Rechtsprechung zur Prüfungs- und Hinweispflicht des Unternehmers. Die beim VOB-Bauvertrag nach § 4 Nr. 3 VOB/B vorgeschriebene Prüfungs- und Anzeigepflicht, die jedoch auch beim BGB-Vertrag jedenfalls über § 242 BGB gilt (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Auflage, Rn. 2037, m.w.N.), folgt unmittelbar aus der Herstellungspflicht des Unternehmers als vertragliche Hauptpflicht. Ihre Erfüllung hat der Unternehmer im Streitfall zu beweisen (BGH, Urt. v. 29.11.1973 - VII ZR 179/71 - BauR 1974, 128; BGH, Urt. v. 08.11.2007 - VII ZR 183/05 - BGHZ 174, 110). Wenn er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nicht nachkommt – im Zweifel hat der Hinweis schriftlich zu erfolgen –, tritt eine Befreiung von seiner Sachmängelhaftung nicht ein.

Wird die Prüfungs- und Hinweispflicht des Nachunternehmers verletzt, dann ist die eigene Leistung des Nachunternehmers mangelhaft, auch wenn der Mangel nur durch die Vorleistung bewirkt worden sein sollte (BGH, Urt. v. 08.11.2007 - VII ZR 183/05 - BGHZ 174, 110).

Der BGH hatte bereits früher zum Nachunternehmer vertragliche Nebenpflichten als Prüfungs- und Kontrollpflichten für die Geeignetheit der Arbeitsleistung eines Vorunternehmers aufgestellt (BGH, Urt. v. 23.10.1986 - VII ZR 48/85 Rn. 8, 13; BGH, Urt. v. 04.11.1965 - VII ZR 239/63 Rn. 18; BGH, Urt. v. 03.05.2000 - X ZR 49/98 Rn. 9, 10). Vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen konnte kein Zweifel daran bestehen, dass im vorliegenden Fall auch die entsprechende Prüfungspflicht des Installateurs entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu bejahen ist. Ohne deren Erfüllung haftet der Installateur für eine eigene mangelhafte Leistung nach § 634 Nr. 4, §§ 636, 280 BGB, weil die seitenverkehrte Platzierung und der falsche Anschluss einen Mangel der Werkleistung darstellt. Der Installateur durfte die Hausleitungen nicht an das Rohr ohne Rückstauventil anschließen. Wenn ein durch die Beschaffenheit der Vorleistung verursachter Fehler eintritt, ist das Werk des später tätigen Nachunternehmers nicht schon dann fehlerfrei, wenn er nicht einen ausdrücklichen Auftrag hatte, die Fehlerfreiheit oder die Art und Weise der Beschaffenheit der vorigen Leistung zu prüfen. Vielmehr hat er eine Überprüfungspflicht, die nicht davon abhängt, ob die Auftraggeberin eine entsprechende Mehrarbeit vergütet oder nicht (BGH, Urt. v. 14.09.1999 - X ZR 89/97 - NJW 2000, 280). Den Werkunternehmer trifft auch ohne besondere Zusage eine Pflicht, sich nach Anlieferung durch Überprüfung der vom Besteller angelieferten Sache zu vergewissern, dass diese zur Herstellung eines mangelfreien Werks geeignet ist.

D. Auswirkungen für die Praxis
Der BGH bestätigt seine ständige Rechtsprechung, die strenge Anforderungen an die Prüfungspflicht des Unternehmers stellt. Sie gelten gleichermaßen beim VOB- und beim BGB-Bauvertrag. Von der Haftung für einen in dieser Weise bewirkten Mangel seiner eigenen Leistung kann der Unternehmer – hier der Installateur – nur frei werden, wenn er schriftlich (in Ausnahmefällen nach § 242 BGB auch mündlich, vgl. Ingenstau/Korbion, 17. Aufl. § 13 Rn. 59) – möglichst vor Beginn der Arbeiten – Bedenken äußert (§ 13 Nr. 3 i.V.m. § 4 Nr. 3 VOB/B).

Auf eine Klarstellung in der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats ist zu verweisen, die Missverständnisse in der Interpretation der Prüfungs- und Hinweispflicht ausräumt: Die Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht ist kein Tatbestand, der die Mängelhaftung originär begründet. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Tatbestand, der den Unternehmer ausnahmsweise von der Sach- oder Rechtsmängelhaftung seiner eigenen fehlerhaften Leistung befreien kann (BGH, Urt. v. 08.11.2007 - VII ZR 183/05 - BGHZ 174, 110 Rn. 22).

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Auftraggeber der Werkleistung war die Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht der klagende Wohnungseigentümer.

Nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Gesetzgeber (§ 10 Abs. 6 WEG) hat sich auch das Problem gestellt, ob der Kläger als Wohnungseigentümer für die Geltendmachung der Ansprüche aktivlegitimiert ist. Diese Frage hat das Berufungsgericht dahinstehen lassen. Der BGH berührt das Thema nicht. Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich jedoch schon daraus, dass er als Wohnungseigentümer in den Schutzbereich des zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Installateur abgeschlossenen Werkvertrags einbezogen ist und daher den entstandenen Schaden aus eigenem Recht nach dem Rechtsgedanken des § 328 BGB geltend machen kann (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, § 328 Rn. 31, m.w.N.). Eines Rückgriffs auf die Grundsätze der Drittschadensliquidation (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, Vorb. § 249 Rn. 105 ff.) bedarf es daher nicht.

Die Frage, ob der Installateur auch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Beschädigung des Eigentums des klagenden Wohnungseigentümers haftet, wird in der Entscheidung nicht thematisiert. Sie dürfte zu bejahen sein. Die vertraglichen und deliktischen Ansprüche stehen im Grundsatz selbstständig nebeneinander (vgl. Palandt/Sprau, BGB, Einführung v. § 823 Rn. 5 und § 823 Rn. 49).